Wer zwischen Mainz und Bingen schon mal mit der Bahn gefahren ist, konnte sie kurz vor oder nach dem Bahnhof Bingen-Gaulsheim sehen, wer den Radweg am Rhein entlang fährt, fährt gar unter einem der letzten erhaltenen Bögen durch. Die Hindenburgbrücke, 1945 durch die Wehrmacht gesprengt, war die damals zweitlängste Brücke über den Rhein und maß insgesamt beinahe 1200 m. Davon waren auf beiden Seiten jeweils eine Gewölbereihenbrücke (insg. 9 Steingewölbe, davon 5 auf Binger und 4 auf Rüdesheimer Seite) und über dem Wasser eine Stahlbogenbrücke von knapp 740m Länge auf 6 Pfeilern im Wasser. Neben den zwei Gleisspuren war an den Aussenseiten jeweils ein Fußweg. Heute sind auf beiden Seiten des Rheins nur noch Überreste vorhanden – in Bingen wie in Rüdesheim ganze Bögen wie auch Trümmerstücke, im Rhein noch Pfeiler. Pläne, die Brücke für den Autoverkehr zwischen Rüdesheim und Bingen wieder zu errichten, scheitern seit Jahrzehnten regelmäßig. Mal am Widerstand der Naturschützer, mal aus Kostengründen. Aber eins nach dem anderen:

Auf den fast genau 100 km zwischen den Rheinmetropolen Mainz und Koblenz gibt es keine bauliche Möglichkeit zur Rheinüberquerung. Bereits im 19. Jahrhundert, als das Zeitalter der Eisenbahn bereits unter „Volldampf“ war, wurde das Fehlen dieses Rheinübergangs, besonders aus strategischen Gründen, bemängelt.Es war die Zeit der deutsch-französischen Rivalität als schon im Jahr 1900 das preußische Ministerium für öffentliche Arbeiten durchsetzte, dass eine Brücke gebaut werden soll. Damals wie heute herrschte Bürokratie in den öffentlichen Institutionen – so zogen sich die Diskussionen über Ort, Finanzierung und Ausführung bis ins Jahr 1911. Zur Diskussion stand beispielsweise auch eine Kombination aus Schienen- und Straßenbrücke, da auch der Autoverkehr immer mehr zunahm.

1913 begann endlich der Bau der Brücke. Europa befand sich längst wieder in kriegslüsterner Stimmung und kurz vor dem ersten Weltkrieg, auch das Deutsche Reich baute praktisch und strategisch. Um die pfälzischen Regionen, das Saarland und das damals noch deutsche Elsaß-Lothringen besser mit mit Waren, Truppen und militärischen Gütern erreichen zu können war, besonders als der erste große Krieg 1914 nun entfesselt wurde, die Hindenburgbrücke als Eisenbahnbrücke besonders für die Versorgung und den Nachschub an die Grenzgebiete zu Frankreich immer dringender. 1915 wurde sie fertiggestellt und diente nach ihrer Eröffnung am 16.08.1915 hauptsächlich der Truppenbewegung an die Westfront. Ihren Namen, benannt nach dem damaligen Generalfeldmarschall und Reichspräsidenten Paul von Hindenburg, erhielt sie allerdings erst 1918. Neben der Kronprinzenbrücke in Urmitz und der Ludendorffbrücke bei Remagen war sie die längste ihrer Brückenfamilie. Nach dem verlorenen Krieg untersagten die französischen Besatzungstruppen den Eisenbahnverkehr. Die Reichsbahn, die Betreiber der Brücke war, legte Bohlen zwischen den Schienen und öffnete sie für den Autoverkehr. Ab 1920 nahm die Reichsbahn sogar einen Brückenzoll von damals sehr stolzen 4 Reichsmark. Dies wurde bis zum Abzug der Besatzungstruppen 1930 so erhalten, bis die Brücke wieder für den Zugverkehr freigegeben wurde. Zum Unmut der Autofahrer und deren Lobby, die daraufhin forderten, die Brücke wieder ganz für den Zugverkehr zu sperren, was die Reichsbahn jedoch mit der für den Autoverkehr gänzlichen Sperrung konterte.

 Folgende Bilder sind, mal wieder, freundlicherweise von Hendrika Sonntag (www.kaltnaggisch.net) zur Verfügung gestellt worden:

Ruedesh_Brueck_1918
1918 – 3 Jahre nach der Fertigstellung

Bingen_mit_Hindenburgbruecke_vor_45

Ruedesh_Brueck_1950
Von den Rüdesheimer Weinbergen (Rottland) aus
Rued_Hindenburgbr_1919
1919
Geisenheim_1941_Hindeburgb
1941 aus Richtung Geisenheim
Rued_Hindenburgbruecke_m_Rochuskap_gel_1930
1930 von Richtung Geisenheim nach Bingen blickend

 

Der militärische Zwecke kam zum zweiten Weltkrieg wieder auf als die Westfront wieder mit Truppen, Waffen und anderen Gütern bedient werden musste. Den zweiten großen Krieg überstand die Brücke bis zum 13. Januar 1945 unbeschadet, erst allierte Bomberverbände beschädigten sie bei den Bombardierungen Bingens schwer. Laut einem Bericht der Pfarrgemeinde „Heilige Drei Könige“ Bingen-Kempten fielen alleine im Bereich der Brücke an diesem schwarzen Tag 350 Minen und Sprengbomben. Am Ende waren es Pioniere der Wehrmacht, die die Brücke am 19.03.1945 gegen 16:40, knapp 6 Wochen vor der Kapitulation Deutschlands, endgültig zerstörten um den amerikanischen Truppen das Übersetzen zu erschweren. Dumm, denn diese hatten bereits an anderen Stellen bereits den Fluss überquert. Die Wehrmachtsführung jedoch gab den unbedingten Befehl aus, jegliche Brücken zu zerstören und das Vorrücken der allierten Verbände zu erschweren. Bei Missachtung drohte die Todesstrafe, die an anderen Stellen bei Misslingen der Sprengungen, mehrmals vollstreckt wurde. Jedoch, auch in Bingen wurde der befehlshabende Offizier erschossen, da er die Brücke „zu früh“ sprengen lies. In diesen Trümmern liegt die Brücke heute noch da.

Folgende Bilder habe ich im Februar 2016 gemacht –

(alle Bilder durch digitales Wasserzeichen kenntlich gemacht):

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